Vergangenheit ist nicht Geschichte
und Geschichte ist eine Konstruktion
Diese zwei Überlegungen beschäftigen Adeline Heim und ihre 7A Klasse immer wieder in Geschichte/Politische Bildung. Ein Gespräch mit Zeitzeugin Elvira Schwaiger, die letzten Donnerstag zu Gast war, war Ausgangspunkt für die Konstruktion eigener Texte und vor allem sehr beeindruckend für die Schüler_innen.
Gespräch mit einer Zeitzeugin – Elvira Schwaiger, geb. 1940, am 29. 11. 2018
Heute, am 29.11.2018 hatten wir eine Zeitzeugin zu Besuch, die von den Geschehnissen im und nach dem Zweiten Weltkrieg erzählte. Sie ist 1940 geboren und hat das Ende des Krieges miterlebt. Ein Punkt, der häufig vorkam, war die „Brotzeit“, in der sie über jede Kleinigkeit zum Essen froh waren. Sie lebte in einer relativ wohlhabenden Familie, aber auch sie konnten sich nie wirklich satt essen. Da sie in ihrem Dorf keine Schule hatten, musste sie jeden Tag zu der nächstgelegenen Gemeinde gehen. In der Schule gab es kaum männliche Lehrpersonen, da diese alle eingezogen wurden. Somit hielten weiblich Lehrpersonen den Unterricht. Der war damals sehr streng gehalten. Am Ende ihres Besuches gab sie uns Schüler_innen noch mit auf den Weg, etwas zufriedener mit unserem Leben zu sein.
(Benjamin, Chiara, Tobias)
Ich wurde 1940 in der Nähe von München geboren und kann mich daher nur schwer an die ersten vier Jahre meines Lebens zu Kriegszeiten erinnern. An ein Ereignis kann ich mich jedoch noch relativ genau erinnern, als eines Nachts eine Bombe unseren Balkon wegriss und unser Haus stark beschädigte. Der Ton der Sirene, die damals bei den Bombenangriffen ertönte, erinnert mich heute noch immer an diese schreckliche Zeit. Am schlimmsten war für mich zu dieser Zeit aber der Hunger, denn wir hatten meist nicht einmal Brot. Nach der Schule bekamen wir manchmal „Care Pakete“ von den Amerikanern. Heute bin ich froh, die Zeit überstanden zu haben.
(Johanna, Lorenz W.)
Was es bedeutet, am Ende des Zweiten Weltkriegs aufzuwachsen, können Großeltern erzählen. Sie haben den Hunger und die Angst erlebt. Heute besuchte uns Elvira Schwaiger, die Oma von Tina, in unserem Geschichteunterricht. Sie wuchs in einem Vorort von München auf und bei einem Bombenabwurf wurde ihr Haus beschädigt. „Der Balkon war wie abgeschnitten“, berichtet die 78-Jährige. Sie erzählte auch aus ihrer Schulzeit, in der sie 56 Schüler_innen in der Klasse waren. Es gab keine Lehrer, da alle im Krieg waren. Sie erzählte auch vom Hunger, der allgegenwärtig war. Als es Essensmarken gab, wurde es nicht viel besser, da z.B. Brot oft gar nicht vorhanden war. „Uns war es verboten, zu den Plätzen zu gehen, wo die Schwarzen waren“, erklärte Frau Schwaiger, „sie wurden behandelt, als wären sie Menschenfresser, obwohl sie uns sehr geholfen haben.“
(Alina, Tom, Bojan, Lukas)
Eine Zeitzeugin berichtet über ihre Kindheit im und nach dem Zweiten Weltkrieg: Ich bin 1940 geboren und in einem Vorort von München mit zwei Brüdern aufgewachsen. Ich kann mich an den Krieg nur noch teilweise erinnern, da ich noch sehr jung war. Ein sehr einprägsames Erlebnis meiner Kindheit war der Bombeneinschlag direkt neben unserem Haus. Meine Eltern waren nicht zu hause. Dadurch wurde unser ganzer Balkon wegrasiert. Diese Zeit war für jeden/jede ein Kampf ums Überleben, die Ressourcen waren knapp, deshalb mussten wir oft hungern. Das Gefühl satt zu sein, kannten wir damals nicht. Die Narben von dieser Vergangenheit bleiben bis heute, zB. Kann ich immer noch schlecht hinhören, wenn die Sirene ertönt.
(Theresa, David, Antonia)
Das Leben im Krieg war von vielen Bombenanschlägen geprägt. Auch wenn ich noch jung war, ich wurde 1940 geboren, ich kann mich noch an viele Dinge gut erinnern. Ich weiß noch, wie früher die Sirenen klangen und wir mit unseren wichtigsten Sachen in den Luftschutzbunker mussten. Eines Tages waren ich und mein Bruder allein zu Hause, als eine Bombe in unseren Balkon eingeschlagen hat. Außerdem hatten wir ständig mit dem Hunger zu kämpfen. Oftmals war unser Hunger so schlimm, dass wir im abgeernteten Feld nach Kartoffeln suchten. In der Schule bekamen wir von den Amerikanern Care-Pakete, die uns in dieser Zeit sehr halfen.
(Lea, Lorenz, Tina)
Frau Schwaiger wurde 1940 in einem Vorort von München geboren. Sie wuchs in der Kriegszeit auf und erinnert sich an das Ende. Viele tragische Erlebnisse prägten ihre Kindheit, u.a. die Hungersnot. Sogar ein Stück Brot hatte einen großen Wert. Nur mit Glück überlebte Frau Schwaiger einen Bombenangriff, wobei „nur“ ihr Balkon weggerissen wurde. Ihr Vater war lange in Russland in Gefangenschaft, von dort konnte er die Flucht ergreifen. In Braunau haben ihm Bauern geholfen. Der Kontakt zu dieser Familie blieb lange erhalten. Der Krieg war nicht nur von Gewalt geprägt, z.B. standen sich der Vater von Frau Schwaiger und ein Russe im Schützengraben gegenüber. Keiner von beiden hat geschossen. Viele Kriegsteilnehmer begingen nach dem Krieg Selbstmord, so auch der Vater von Frau Schwaiger.
(Lara, Moritz, Lasse)
Ich kann mich nicht mehr genau an alles erinnern, da ich erst 1940 geboren wurde. Damals war alles anders: Hungersnöte, Bombenangriffe und Angst begleiteten unser tägliches Leben. Mein Vater wurde erst gegen Ende des Krieges eingezogen. Eines Tages erreichte uns die Nachricht, dass er in Russland in Gefangenschaft geraten war. Zu dieser Zeit war mir nicht wirklich bewusst, was wirklich vorging und was es zu bedeuten hatte. Niemand sprach darüber. Meine Mutter erzog mich und meine Brüder alleine. Es war eine schwere Zeit für junge Frauen. Als mein Vater zurückkam, war er traumatisiert und wollte nicht über seine Erlebnisse reden. Einige Zeit später erschoss er sich, weil er mit der Vergangenheit nicht zurechtkam. Oft denke ich an diese Zeit zurück und merke, wie verschwenderisch wir alle geworden sind. Wir sollten dankbar sein für das, was wir haben.
(Eva, Sophia, Oscar)
Klick aufs Bild! (Auf den Bildern: Elvira Schwaiger, ihre Enkelinnen - Schülerinnen der Schule bzw. Klasse -, Adeline Heim und Schüler_innen der 7a; Bilder: dlam)
(dlam, 7. Oktober 2018)